7 Gründe warum man auch jenseits der 40, 50 oder gar 60 noch mit dem Reiten beginnen sollte

Die besten 7 Gründe

1. Vierbeinige Fitnesscoaches

Für einen unsportlichen und ungelenkigen Menschen wie mich, war Sport immer nur nur ein Wort, für das ich ausser im TV nicht viel übrig hatte. Um ehrlich zu sein, habe ich auch nie einen Sport kennengelernt der mich gereizt hätte, und die Möglichkeiten bei uns in der Gegend sind auch eher beschränkt. Mit Anfang 40 habe ich einen Schnupper-Golfkurs gemacht, jedoch eher wegen meines damaligen Partners. Laufen, Fahrradfahren, das alles war mir immer zu langweilig und anstrengend, ich konnte den Ehrgeiz dafür einfach nicht aufbringen.

Natürlich habe ich mich Zuhause einige Male an Gymnastik DVDs versucht, auch mit einem Hometrainer vorm Fernseher, aber der Muskelkater der am nächsten Tag auf mich wartete war Grund genug es wieder sein zu lassen. Ihr seht, ich bin keine Sportskanone.

Der besondere Charme beim Reiten liegt für mich darin, dass ich mich inzwischen überdurchschnittlich viel bewege, es aber nicht als Anstrengung sondern als Freude empfinde. Egal ob Pferd putzen, Stallarbeit, Spaziergänge mit Pferd und Hund oder Reitunterricht. Spaß und Konzentration stehen hier im Vordergrund. Ich muss zugeben, dass ich bei Reitstunden sicher öfter eine Pause brauche als meine jungen Kollegen, aber meine Kondition verbessert sich zunehmend.

Alleine das auf- und absteigen war anfangs eine Tortour. Auszüge daraus könnt ihr in „meiner Reitgeschichte“ lesen. Heute komme ich ohne Hilfe und Probleme auf’s Pferd, beim Absteigen könnte ich noch schwungvoller sein, aber das wird schon.

Der Ehrgeiz den ich hier über die letzten Jahre entwickelt habe erstaunt mich selbst. Es sind die kleinen Dinge an denen wir wachsen. Die größte Anstrengung hat definitiv der Kopf, Eindrücke und  Lerninhalte müssen verarbeitet werden, die Aufmerksamkeit sollte immer beim Pferd sein.

Beachtlich ist auch die eigene Körperwahrnehmung. Dachte ich doch immer einen guten Gleichgewichtssinn zu haben ist, mein größtes Problem heute,  gerade auf dem Pferd zu sitzen. Schreibtisch Arbeit und der Zahn der Zeit haben uns schief und unbeweglich gemacht. Viele Dinge die man einfach abtut und als nicht wichtig betrachtet, wenn man es nicht braucht. Sitzt man aber schief auf einem sensiblen Pferd wird man nur schwer gerade aus reiten können.

Ich habe Muskeln kennengelernt die mir bisher völlig fremd waren. Rücken und Bauch, Beine oder auch Schultern und Arme werden mehr beansprucht als man denkt. Dazu viele Kommandos auf einmal. Gerade sitzen, Hände hoch und treiben. Dabei darauf achten, dass das Pferd dahin geht wo es soll. Koordination ist beim Reiten das A und O. Aber auch Stallarbeit ist nicht zu unterschätzen. Schon mal eine volle Schubkarre geschoben und entleert? Es sieht so einfach aus aber dazu braucht man richtig viel Kraft. Ähnlich ist es bei der Pferdepflege, ein bisschen striegeln kann doch nicht so anstrengend sein? Oh doch! Besonders im Fellwechsel ist das richtig harte Arbeit die man unendlich lange betreiben kann ohne ein Ende zu finden.

Ihr seht, reiten ist anstrengend, aber eben auf eine andere Art und Weise. Kraft, Kondition und Ausdauer waren bei mir in den Anfängen nicht gegeben und ich habe es trotzdem geschafft. Die Freude überwiegt. Ich habe auch heute keine Top Kondition, aber ich bin sehr zufrieden mit dem was ich bisher aufbauen konnte.

2. Die eigenen Grenzen kennenlernen und überwinden

Eines gleich vorweg, für mich geht es nicht um sportlichen Ehrgeiz oder darum Wettbewerbe zu gewinnen. Meine Grenzen lagen ganz weit unten an der Messlatte der Reiterei.

Es ging darum tief sitzende Ängste und Zweifel zu überwinden und abzulegen. Nicht zu vergessen mein Alter, das immer wie ein Damoklesschwert über mir zu schweben schien. So viele Fragen und Hürden die sich im Kopf aufbauen, bevor man den ersten Schritt wagt.

Kann ich das? Wo mache ich das? Wie viel kostet mich das? Will ich das überhaupt… ?Das ist nur ein kleiner Auszug davon. Tips für den richtigen Einstieg könnt ihr übrigens in Kürze hier finden.

Nun gut, ich wurde eigentlich ins kalte Wasser geworfen, die erste Reitstunde arrangiert und so gab es nur noch –  ja oder nein.

Aber damit war es nicht getan, die erste Reitstunde war für mich keine Erleuchtung      „ja das ist es“. Ganz im Gegenteil, noch mehr Fragen und Zweifel. Sitzt man doch verängstigt und absolut überfordert auf einem großen Tier dessen Absicht man nicht kennt. Nein, da will ich ehrlich sein, so einfach ist es nicht.

Für mich ging es alles ganz langsam, Schritt für Schritt.

Alles neue muss verarbeitet werden und sich erst mal setzten  – bei dem Umgang mit Pferden bleibt dazu nur oft keine Zeit. Die Reiterwelt an sich vertraut ihren Pferden und hat kein Problem damit,  einem Anfänger das große Pferd in die Hand zu drücken um noch mal schnell vorm Ausritt auf die Toilette zu gehen. Und dann steht man da mit einem Riesen Pferd an der Hand und betet, dass es einfach so ruhig und gelassen stehen bleibt. Wenn das passiert, ist man mächtig stolz wenn der Besitzer zurück kommt und zufrieden danke sagt. Das waren für mich anfangs die Highlights. Klingt lächerlich oder? Was es nicht einfacher machte,  war die Tatsache, dass ich mit Abstand die Älteste war. Meist sogar die einzige Erwachsene unter lauter kleinen Kindern die keine Angst hatten. Als ein kleines Mädchen mal zu mir sagte – meine Oma will auch so gerne reiten aber sie sagt das kann man nur als Kind lernen – lief es mir kalt den Rücken hinunter. Ja auch eine gewisse Scham ist dabei, man fühlt sich wie ein Alien. Auch der Druck von aussen wurde nicht weniger sondern immer mehr. Alle Reiter die wussten, dass ich den Schritt gewagt habe kamen mit großartigen Plänen auf mich zu. „Nächsten Sommer gehen wir auf einen Wanderritt, das wird toll“. Oder, „dann kannst Du ja meine Leila betreuen wenn ich Ostern in den Urlaub fahre“. Ich? Lasst mir Zeit dachte ich.

Häufig kamen mir auch die Gedanken was passiert wenn ich einen Unfall habe, vom Pferd falle oder getreten werde.  Ich bin selbständig, ohne Vertretung, wer soll meine Arbeit machen, den Haushalt, alles andere? Oh Gott.

Wie jedoch meistens im Leben werden die Zweifel durch schöne Erlebnisse und neue Erkenntnisse kleiner oder verschwinden. Heute verstehe ich warum es heißt reiten lernt man ein Leben lang. Ich komme regelmäßig an meine Grenzen, mit neuen Aufgaben beim Reiten, mit Situationen die unbekannt sind, aber ich habe gelernt damit besser umzugehen und nicht gleich zu sagen – nein das kann ich nicht. Allein diese Erfahrung war es schon wert mit dem Reiten anzufangen. Erst hinschauen, dann machen, oder entscheiden ist die neue Devise.

Auf dem Pferd und auch im Leben.

3. Geduld und Demut lernen

Da steht man nun, neben einem großen schwarzen Pferd und überlegt wie man am besten rauf und schnell wieder runter kommt. Wie schon erwähnt bin ich sehr schlecht im Umgang mit neuen Situationen. Mein gewohntes kleines Islandpony stand leider für Reitunterricht nicht zur Verfügung und als Alternative wurde mir eine große schwarze Stute präsentiert. Ich kannte das Pferd schon ziemlich gut, aber eher von unten, als „Ausmister“ und „Leckerligeber“. Sie ist ganz brav und wird auf Dich aufpassen höre ich. Ja, ja das sagen immer alle. Das Pferd war anders als unsere Rosii, ruhig und geduldig wartete sie auf ein Kommando von mir. Als ich es endlich geschafft habe aufzusteigen oder besser hochzuklettern, hieß es nur, „los, Schritt ganze Bahn“. Das Pferd bewegte sich aber keinen Schritt. „Treiben“ hörte ich. Tu ich doch schon dachte ich. Keine Reaktion vom Pferd. „deutlicher treiben“ Keine Reaktion. Als die Reitlehrerin mit Gerte auf das Pferd zuging, endlich der erste Schritt. Im Gegensatz zu unserem Islandpony das immer fleißig und in kleinen Trippel-Schritten ihre Runden hetzt, sitze ich jetzt auf einem Pferd das ruhig schreitet, was für ein Gefühl, man spürt jeden einzelnen Schritt, die Muskeln mit der enormen Kraft. Nach ein paar Runden fühle ich mich viel wohler.

Als die nächsten Aufgaben an mich gestellt werden versuche ich Kontakt mit dem Pferd aufzunehmen, abwenden jetzt bei B. Keine Reaktion. Ich stelle fest,  dass ich nur Beifahrer bin, das Pferd trägt mich aber es entscheidet wohin wir gehen. Am Ende der Stunde fühle ich mich klein und hilflos, bis auf einmal,  stehenbleiben und wieder los gehen –  hat das Pferd entschieden. Meine Reitlehrerin sagt „Du musst Geduld haben, lass dich erst mal auf die Bewegungen ein, bekomme Sicherheit und Vertrauen, dann geht alles von selbst“. Es klingt logisch aber ich hatte Anfangs die Hoffnung mit möglichst vielen Reitstunden schnell zum Erfolg zu kommen. Absoluter Quatsch. Es geht nicht nur um die reiterlichen Fortschritte, manche Menschen haben soviel Respekt und Angst, dass es wirklich wichtiger ist, erst mal kennenzulernen was man da eigentlich tut. Geduld ist das A und O, Geduld für sich selber. Niemand lernt das über Nacht. Der eine ist zu motiviert der andere zu ängstlich. Beim Reiten wird jeder wieder an den Punkt zurück gebracht, an dem er gerade ist. Ohne viele Worte. Die Demut vor den großen sanften Tieren die ich heute habe, sollte man niemals verlieren. Sie vertrauen uns und wir vertrauen ihnen, jedoch sind sie um ein vielfaches stärker als wir. Wenn sie nicht freiwillig mit uns gehen wird es schwierig sie zu zwingen. Wenn wir verunsichert sind werden sie es auch sein. Und wenn sie freundlich den Kopf senken um unsere Hand zu beschnuppern freue ich mich heute noch über die nette Begrüßung. Ja eine gute Portion Demut gehört in jedem Fall dazu.

4. Sich selbst kennenlernen

Wer sich mit dem Gedanken vertraut macht reiten zu lernen hat meist unterschiedliche Bilder im Kopf. Die einen möchten gemütliche Ausritte oder Spaziergänge mit dem Pferd erleben, die anderen sehen sich in der Reithalle Bahnfiguren ziehen, ganz ambitionierte vielleicht sogar über Hinternisse springen.

Wie das Ziel reiten lernen genau aussieht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich hatte um ehrlich zu sein keine genaue Vorstellung davon, was mit erwarten würde. Ich hatte immer nur zugeschaut und mir meine Meinung darüber gebildet. Es gab schon immer Dinge die mich faszinierten, die tollen Dressur Vorstellungen im Fernsehen bei der Olympiade oder Weltmeisterschaften. (Wohl oder übel musste ich einiges meiner Tochter zuliebe bis zum Ende anschauen). Aber auch rasante Stechen im Springsport begeisterten mich. Nie aber habe ich genau hingesehen.

Jetzt faszinieren mit Pferd-Reiterpaare die fast unsichtbar miteinander kommunizieren, respekt- und vertrauensvoll miteinander umgehen und sich gegenseitig achten.

Ich habe mich bei meiner Reise in die Reiterwelt neu und anders kennengelernt. Dachte ich zu Anfangs es geht nur um das Reiten an sich, wurde ich eines besseren belehrt. Der Stall ist mein Ruhe- und Kraftort geworden.

Bin ich nervös oder unruhig, schlecht gelaunt oder traurig fahre ich an den Stall. Die ruhig grasende Pferdeherde zu beobachten ist Balsam für meine Seele. Die eigene Sprache in der sie kommunizieren, die Rangordnung in der sie leben und die Sicherheit die sie sich gegenseitig in der Gruppe zu geben scheinen sind faszinierend. Stundenlang könnte ich am Zaun stehen und einfach in die Weite blicken. Neugierig und aufgeschlossen wie sie sind, kommen meist nach kurzer Zeit einige Pferde zu mir um sich zu erkundigen was ich hier mache, oder nur freundlich hallo – hast Du was dabei – zu sagen.

Das Geräusch wenn Pferde Heu fressen, dieses beruhigende mahlen der Zähne ist für mich die beste Sache um runterzukommen wenn ich nervös und fahrig bin.

Was ich damit sagen will ist, dass ich bewusster und achtsamer geworden bin, ich lasse mich immer seltener ablenken wenn ich am Stall bin und nehme mir die kostbare Zeit um die Augen wirklich zu öffnen, zu hören und zu fühlen was um mich herum geschieht. Wie oft ist man abgehetzt und von aussen gesteuert. Wie oft lässt man es zu, dass schlechte Nachrichten einen in ihren Bann ziehen und nicht mehr loslassen. Zu oft. Wie kostbar ist dann ein Ort der einen in das Hier und Jetzt zurück führt? Unbezahlbar. Ich habe gelernt auch loslassen zu können, nicht nur mich abzulenken, sondern bewusst umschalten. Fast 60 Jahre habe ich Menschen, die von einem zum anderen über gehen können insgeheim verurteilt. Menschen die gerade noch traurig waren und ein paar Stunden später wieder gelacht haben waren mir suspekt – sicher war hier auch eine Spur Neid im Spiel.  Das Leben ist zu komplex als dass es nur weiss und schwarz geben könnte.

Ausserdem habe ich gelernt Hilfe annehmen zu können. Als absoluter Anfänger ist man sehr oft auf Hilfe angewiesen. Bisher habe ich meistens mein eigenes Ding gemacht, lieber verzweifelt rum probiert, als um Hilfe zu bitten. Beim Reiten wäre das schon viel zu gefährlich und zum anderen ziemlich dumm. Ich wurde mehr als freundlich in die Reiterkreise aufgenommen und im Nachhinein betrachtet, wurde mir auch nicht selten gesagt wie viel Respekt sie haben, dass ich den Schritt in meinem Alter noch gewagt habe. Besonders nach meinem Reitunfall bei dem ich mir das Kreuzbein gebrochen hatte, haben viele gedacht das wars mit der kurzen Reitkarriere Anfang 60.

Kurzgesagt hat mir der Einstieg in die Reiterei gezeigt, dass auch ich abschalten und mich auf Dinge einlassen kann. Ausserdem habe ich festgestellt dass ich mutig und ehrgeizig bin. Ausserdem gar nicht so ungelenkig und unsportlich wie ich dachte. Welches Glücksgefühl man haben kann, wenn einen das eigene Pferd wiehernd erwartet. Auch die Reitmode hat mich positiv überrascht. So kommt es nicht selten vor dass, ich in einem Reitshop mehr Zeit verbringe als in einem Modeladen.

Zu guter Letzt aber das wichtigste – wenn man etwas wirklich will – dann schafft man es auch.

5. Einen Freund für’s Leben finden

Das ist ein besonders Thema für mich , denn ich hätte nie gedacht, dass man so an einem Tier hängen kann wie ich an unserer Rosii. Sie ist schon ein besonderes Exemplar, sehr sensibel und anfangs Fremden gegenüber misstrauisch, dennoch mutig und immer eifrig. Wenn sie mich mit ihren großen Kulleraugen ansieht, geht mir immer wieder das Herz auf. Unsere Anfänge waren nicht leicht,  aber heute sind wir ein wirklich tolles Team. Als berufstätige, allein erziehende Frau ist es oft nicht nachvollziehbar wie viel Zeit, Geld und Engagement,  Menschen in ihre Haustiere stecken. Obwohl wir schon seit Ewigkeiten einen Hund als Familienmitglied besitzen, habe ich immer einen gesunden Abstand gehalten. Die Pferde waren Sache meiner Tochter. So viel Geld und Zeit für etwas zu investieren war mir einfach nicht schlüssig. Der Blickwinkel ändert sich wenn man sich auf sie einlässt, egal ob Hund oder Pferd, Tiere geben einem unglaublich viel zurück wenn man es zulässt. Ohne,  dass es sich dumm oder zu Philosophisch anhört kann ich heute sagen, dass sie mein Spiegel ist. Sie zeigt mir was ich falsch mache oder wenn ich mal wieder mit den Gedanken wo anders bin. Sie zeigt mir dass,  ich mutig sein darf weil sie es auch ist. Und sie zeigt mir,  dass wir uns gegenseitig vertrauen müssen um unsere Ziele zu erreichen. Ein Bach den wir überqueren müssen, ist für sie kein Problem wenn ich tief entschlossen bin darüber zu gehen, zögere ich unsicher wird sie keinen Fuss ins Wasser stellen. Ich bin oft schier verzweifelt, wenn sie mal wieder einfach stehen blieben ist, mitten im Wald, die Ohren auf Hab Acht und keinen Schritt mehr vorwärts, sondern eher rückwärts gehen wollte. Sie hat etwas entdeckt das unheimlich ist und muss sich erst ein Bild von der Gefahr machen, ist heute die Denke. Früher dachte ich oft sie veräppelt mich und will einfach zurück nach Hause. Heute gebe ich ihr die Zeit und dann gehen wir einfach sicher weiter.

Was wenn man Kummer hat, aber einfach nicht darüber sprechen kann? Wenn man Angst hat,  dass niemand zuhört oder einen einfach ausreden lässt. Den Kummer in das weiche Fell eines Pferdehalses zu weinen kann unglaublich befreiend sein. Sie sind einfach da, nehmen einen wahr, hören zu, zumindest scheint es so. Und niemand weiß es, nur sie und ich.

6. Reiter sind tolle Menschen

An diesem Punkt muss ich ganz klar sagen, dass mein Statement sich nur auf die Reiter beschränkt die ich kennenlernen durfte. Das sind ausschließlich Freizeitreiter die ihre Pferde als Freund und Partner betrachten. Keine ausreichende Erfahrung habe ich mit großen Reitbetrieben oder Turnierställen gemacht, hier kann ich mir kein Urteil erlauben.

Ich habe ganz viele tolle Menschen jeden Alters kennengelernt, die mich unterstützt und inspiriert haben, jeder auf seine Weise. In den Anfängen hat man sich ausschließlich über Pferd und Reiten unterhalten, heute über alles mögliche. Es sind tolle Freizeitpartner die man auf andere Art und Weise im normalen Alltag womöglich nie kennenlernen würde. Was für ein Verzicht.

Wir haben an unserem Stall regelmäßig Kurse, unseren Stammtisch, Feste, spontane Feierlichkeiten oder einfach nur großartige Gespräche die ich nicht mehr missen möchte. Wie bei allen Hobbys lernt man also neue Menschen kennen die das gleiche Interesse teilen. Für mich ein absolutes Pro mit dem Reiten anzufangen und so seinen Horizont auch auf persönliche Art und Weise zu erweitern. 

7. Raus in die Natur, ist das Ziel!

Es hat -10 Grad, es schneit! Ich soll vor die Türe gehen?

Ja!! Eingepackt in 3 Schichten Strumpfhosen, 4 Lagen Pullover, Mütze Thermo-Handschuhe und meinen Winterreitstiefeln mache ich mich auf den Weg zu meiner Reitstunde. Es ist 8.30 Uhr Sonntag morgen und die Straßen sind wie leer gefegt. Wer würde bei dem Wetter um diese Zeit auch aus dem Haus gehen!?! Wintersportler vielleicht, andere Reiter, und ich. Das Wetter, Temperatur oder Tageszeiten werden einfach ignoriert. Das Pferd muss bewegt werden und ich muss jede Zeit die sich mir bietet nutzen. Die Reitlehrerin hat keine andere freie Stunde, also Augen und durch. Das ist jetzt ein extrem Fall, der aber nicht selten vor kommt. Auch wenn es anfangs Überwindung kostet, ist es doch der eigene Willen der mich dazu treibt. Belohnt werde ich von dem tollen Gefühl wenn ich wieder nach Hause komme – heute schon etwas geschafft und getan zu haben. Danach ein heißes Bad, Tee und gemütlich auf die Couch fühlt sich deutlich besser an.

Aber weg von den extremen, hin zu den normalen Situationen. Der Traum meiner Reiterkarriere war, einen schönen Ausritt durch die Natur zu machen. Neue Teile unserer Heimat per Pferd kennenzulernen.  In meinem ganzen bisherigen Leben habe ich nicht so viel Zeit in der Natur verbracht als in den letzten 4 Jahren. Ausritte, Spaziergänge, die Zeit an sich am Stall, bei den Pferden. Ich bin kaum noch erkältet und selten plagt mich eine Grippe. Dass frische Luft und Bewegung Körper und Seele gut tun hört und liest man immer wieder, wenn man die Erfahrung dann selber machen darf glaubt man auch daran.

Ich habe wirklich sehr viele neue Facetten unserer Heimat entdeckt, Wege die ich schon oft mit dem Hund gegangen bin, sind vom Pferd aus plötzlich ganz anders. Hindernisse die man zu Fuss nicht meistert, z.B. Flüsse überqueren sind mit dem Pferd in seichten Gewässern kein Problem. Dahinter haben wir neue Landschaften und Wege entdeckt die uns bisher unbekannt waren. Vom Pferd aus hat man ganz andere Blickwinkel und nimmt die Natur anders und bewusster war. Wenn im Sommer in der Dämmerung die Rehe im Wald grasen, ist das für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar, für das Pferd aber schon. Bemerkt es etwas, zeigt es einem deutlich aus welcher Richtung das unbekannte Geräusch kommt und man hat die Möglichkeit es selbst zu sehen oder zu hören.

Das rascheln der Blätter unter den Pferdehufen im Herbst, der knirschende Schnee im Winter oder die duftenden Wiesen im Sommer. All das was wir sonst nur nebenbei wahrnehmen habe ich bewusst für mich auf dem Pferderücken entdeckt. Die Natur erleben und zu genießen ist deshalb für mich ein weiterer wichtiger Punkt warum ich das Reiten nicht mehr missen möchte.

Wen diese 7 Gründe noch nicht ausreichend überzeugt haben kann ich nur empfehlen weiter zu lesen. Ich möchte hier eine kleine Sammlung von Erlebnissen, Erfahrungen und Gelerntem teilen das den Zweiflern Mut machen soll und die Überzeugten vielleicht zu Erfahrungsaustausch animieren kann.

Einem jeden, der sie reitet Naht sein Glückstern sich im Raum.

Leid verweht, das Leben gleitet

Leicht dahin- ein schöner Traum

(Páll òlafsson)